Stadt und Licht: Symposium
Das Kloster Wedinghausen das ist Teil der Stadt Arnsberg aber nicht unmittelbarer Teil seines urbanen Raumes. Wir finden einen Ort vor der exterritorial ist und sich selbst genügt. Es geht um die Neugestaltung eines ehemaligen Klosters. Seine Qualitäten sind erst durch Abgrenzung und die Schaffung einer eigenen Welt mit eigenen Bedingungen, außerhalb des Stadtkontextes möglich. Das macht es etwas schwierig über Stadt und Licht zu sprechen. Die Annäherung an das Thema ist anders. Bei der Vorbereitung ist mir zudem aufgefallen, dass die Referenzen und Themenbezüge zwangsläufig klassischer, als die des Urbanen Raumes sind.
Geschichte des Klosters
Wir haben seit 2002, also die letzten 5 Jahre intensiv an Kloster Wedinghausen gearbeitet. Dabei haben wir 3 unterschiedliche Teilbereiche neu gestaltet. Begonnen wurde die Revitalisierung des Klosters mit dem Umbau des Westflügels zu einem Stadt- und Landständearchiv und der Gestaltung einer Dauerausstellung auf der Kreuzgangebene. Abgeschlossen wurde sie im September 2006 mit der Neugestaltung des Klosterhofs. Lassen Sie mich zuerst den vorgefundenen Ort beschreiben.
Alt Arnsberg ist von einer fast 1000jährigen Geschichte geprägt, begünstigt durch ihre prominente Lage in einer Ruhrschleife. Die Stadt hat sich im räumlichen Spannungsfeld zwischen Schloss und Kloster entwickelt. Das Kloster war in seiner aktiven Zeit immer außerhalb der Stadt und wurde erst im 19.Jh also während der Säkularisation durch eine klassizistische Stadterweiterung Teil der Arnsberger Altstadt.
Arnsberg war immer ein wichtiger Standort für Staat und Kirche. Vor dort wurde regiert. Die Bedeutung auch des Klosters war daher nie allein regional.
Kloster Wedinghausen wurde 1170 als Prämonstratenserkloster nach dem Brudermord von Graf Heinrich I als Sühnekloster gegründet und kontinuierlich umgebaut und erweitert. Die Blütezeit hatte das Kloster um 1700 im Barock, in dem das Kloster größere Erweiterungen erfuhr.
Baugeschichtlich ist das Kloster nie ein homogener Ort, sondern eher eine Reise durch die Stilgeschichte gewesen. Das Kloster verfügt über romanisch, gotisch, barocke klassizistische Elemente. Jedoch nicht über baugeschichtlich bedeutende Elemente. Das barocke Hängetragwerk des Dachstuhls im Westflügel ist vielleicht herauszuheben. Dort wurde von unserem Büro der öffentliche Bereich des Stadt- und Landständearchiv eingerichtet.
Es sind eher die Ereignisse und die Geschichte des Klosters, die über das Regionale hinausführen. Das Kloster verfügte über ein bedeutendes Skriptorium und eine große Bibliothek von der heute aber nur ein geringer Teil original und vor Ort erhalten ist. So verfügte das Kloster z.B über eine der wenigen Koranübersetzungen des Mittelalters. Der Gero Codex heute Unesco Weltkulturerbe war zeitweise Teil der Arnsberger Klosterbibliothek, die gerade wissenschaftlich aufgearbeitet worden ist.
Das bedeutendste Ereignis in Kloster Wedinghausen war die Rettung des Kölner Domschatzes in den napoleonischen Kriegswirren durch die Unterbringung im Kloster. Das Kölner Domkapitel floh 1794 mit dem Schrein und den bedeutenden Reliquien der Heiligen Drei Könige, dem Domschatz, der Dombibliothek und dem Domarchiv nach Arnsberg blieb dort bis 1803. In Kloster Wedinghausen waren die bedeutenden Schätze vor dem Zugriff der napoleonischen Truppen sicher.
Bedeutung von Licht im christlichen Glauben
Das Licht hat bei der Konzeptfindung zur Neugestaltung des Klosterhofes eine wesentliche Rolle gespielt. Stadtlicht stellt jedoch andere Bedingungen als Klosterlicht. Die Betrachtung der Lichtfrage muss aus einer anderen Richtungen erfolgen. Jedenfalls war der Kontext des Urbanen Raums für das Licht als Ansatzpunkt unwichtig. Wir müssen uns zuerst mit der christlichen Ikonografie des Lichts beschäftigen.
Im Anschluss daran werde ich das Projekt und den konzeptionellen Ansatz in Bezug auf Licht, Transparenz und Kommunikation vorstellen.
Licht ist ein wesentliches Element im Kirchenbau. Es wird nicht atmosphärisch eingesetzt, sondern es repräsentiert Inhalte, um Glauben anschaulich werden zu lassen.
Licht ist der Anwesenheit von Gott gleichgesetzt- Finsternis ist die Abwesenheit. Licht ist Leben. Die Symbolik des Herabkommens des Lichts wird mit der Erfahrung der letztendlichen Wahrheit, einer Erleuchtung und besonderen Erkenntnis verbunden. Blendendes Licht ist ein Zeichen höchster Göttlichkeit und Heiligkeit. Ich zitiere:
Die Schöpfung 1. Mose 1.1
1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. 2 Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. 3 Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. 4 Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis 5 und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
Heiligenschein
Auch in der christlichen Bildkunst ist Licht in Form des Strahlenkranzes ein wichtiger Bestandteil der Darstellung. So ist der „Nimbus“, der Heiligenschein in der christlichen Bildkunst ein Symbol für das Erleuchtete oder Heilige, das zuerst in Jesusdarstellungen auftauchte, um dann den Engeln, später Maria und letztlich den Heiligen zugeordnet zu werden.
Der Umfang des Heiligenscheins verkleinerte sich mit der Zeit, zur Kreisscheibe oder zu einem leuchtenden Ring, der sich hinter oder über dem Kopf der Figur befand. Noch lebende Persönlichkeiten wurden zeitweise mit eckigen Heiligenscheinen dargestellt.
Kerze, Lampe/Leuchter
Geht man vom natürlichen Licht zum künstlichen Licht, so ist die Kerze als Vorläufer der Lampe ein Attribut der Heiligen. Der Leuchter auf Altären steht für die Göttliche Gegenwart. Der Siebenarmige Leuchter ist ein Sinnbild der sieben Gaben des heiligen Geistes: Weisheit, Verstand/Einsicht, Rat, Stärke Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht.
Bedeutung des Lichts im Kirchenbau
Die für das Christentum wichtigste theologische Stelle in Bezug auf das Licht ist Johannes 8,12.
Johannes 8,12 Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Auf der Grundlage, der im Johannisevangelium geschilderten Gleichsetzung von Gott- Licht, hat sich die Lichtästhetik/Lichtarchitektur der christlichen Baukunst entwickelt. Die gotische Baukunst des 12Jh. ist Verkörperung des himmlischen Jerusalems auf Erden durch das Licht. Auflösung der Wand hat das Ziel, das Licht in den Mittelpunkt der Architektur zu rücken. Ich komme darauf später noch genauer zurück, wenn es um den Begriff des „diaphanen Raumes“, den Projekttitel geht.
Die gesamte Kirchenbaugeschichte ist eine Architektur des Lichtes. Im Barock war die Wand wieder geschlossener- das Thema Licht war jedoch immer noch dominant. Es wurde nur konzentrierter inszeniert.
Projekt Ort
Die christliche Ikonographie des Lichts ist eine Prämisse. Ich gehe im folgenden genauer auf das Projekt ein.
Nach Auflösung des Klosters Anfang des 19.Jh wurden große Teile der alten Klosteranlage abgebrochen. Der Besitz wurde nach einer genauen Inventarisierung nach Darmstadt gebracht. Ende des 19.Jh war das Kloster und seine historischen Räume als solche nicht mehr erkennbar. Vor der Umgestaltung war der Klosterhof zum asphaltieren Parkplatz verkommen. Arnsberger kannten den Ort als Kloster Wedinghausen nicht mehr.
Beschreibung welche Teile abgebrochen wurden. Abbruch nach der Säkularisation 1803 des nördlichen Kreuzgangs, Südflügel wurde 1886 abgebrochen und der Westflügel an die Stadt verkauft
Konzept
Der Abbruch war jedoch nicht nur Verlust, sondern Aufbruch in die Moderne. Die Öffnung des Klosterhofes durch den Abbruch des Südflügels war Ausdruck eines gesellschaftlichen Prozess und einer räumlichen Aufklärung, die für uns auch eine neue Qualität in den Ort brachte: Licht, Tiefe und Orientierung zum Naturraum.
Der historische Hof-Raum war ungerichtet, er betonte über seine Symmetrie eine Gleichwertigkeit der Seiten. Der vorgefundene Raum des 19Jh war dagegen linear ausgerichtet. Die Neugestaltung verbindet die historischen Widersprüche von Abgrenzung und Öffnung. Die unterschiedlichen Raumrichtungen sollten zusammengeführt werden. Das entspricht der Arbeitsweise unseres Büros Gegensätzliches nicht gegeneinander auszuschließen, sondern eher als Bereicherung zu betrachten und im Dialog zusammenzubringen. Sowohl als auch ist für uns immer besser als entweder oder.
Mit der Neugestaltung von Kloster Wedinghausen wollten wir die räumlichen Brüche des Klosters ablesbar machen und gleichzeitig einen gemeinsamen, architektonischen Raum für seine sakralen und säkularen Funktionen wiederherstellen. Die Neugestaltung des Klosterhofs besteht aus 3 Teilen: dem Klosterhof, dem Lichthaus einer Art Filterraum und einem Garten, der eigentlich Teil des Gebäudes ist.
Das Lichthaus
Das Lichthaus steht an der Stelle des abgebrochenen Südflügels und markiert die Grenze des historischen Klosterhofes. Seine Form bezieht sich auf die umgebenden Satteldachhäuser. Wir wollten keinen formalen Fremdkörper.
Der Besucher erlebt durch die Lage des Baukörpers eine Grenze und gleichzeitig durch die Glasfassade hindurch eine lineare Raumfolge, die von der Innenwelt des Klosters in die Außenwelt der Landschaft und Natur überführt und Licht wie Raumtiefe erlebbar macht. Kloster Wedinghausen ist für uns eine verräumlichte Metapher für den Aufbruch von Geschichte in das Neue.
Durch das Lichthaus entsteht ein ambivalentes Raumgefühl für den Klosterhof:
- er ist als Innenraum behandelt und letztendlich ein Raum ohne Dach.
- gleichzeitig ist der Klosterhof, ohne die Raumtiefe und den ständig präsenten Außenraum nicht denkbar.
Um den Übergang in den Außenraum zu verdeutlichen, findet eine Auflösung des Raumkörpers auf seiner Rückseite statt – eine Metamorphose des Raumes von der Architektur zur Natur.
Der Garten ist durch die überspannende Seilkonstruktion quasi Teil des Gebäudes.
Gartenzimmer
Wir haben diesen Teil Gartenzimmer genannt. Das Gartenzimmer verweißt auf den ehemaligen Klostergarten und den nahen Wald. Sein grüner und lebendiger Raum stellt einen Kontrast zur Klarheit und Strenge des introvertierten Klosterhofes dar. Mit fortschreitendem Wachstum der hängenden Bepflanzung auch über das Lichthaus hinweg verschwindet die Grenze zwischen Architektur und Garten und ein mehrdeutiger Raum entsteht.
Der Klosterhof
Der Klosterhof ist ein Ort der Ruhe. Der Raum wurde von uns daher purifiziert und eindeutig symmetrisch ausgerichtet. Die vorhandenen willkürlichen, nichtaxialen Zugänge zu den Flügeln des Hofes konnten nicht verändert werden. Sie wurden aber durch neue Zugangsrampen symmetrisch eingebunden.
Symmetrie hat immer eine suggestive Wirkung, die bei der Suche nach räumlichem Verständnis hilft. Der Körper findet im symmetrischen Raum seine Entsprechung. Meisenheimer spricht von „Spiegelung des Körperschemas und betont den Zusammenhang von räumlicher Symmetrie und Gleichgewichtssinn“.
Der strenge Rhythmus des Bodenbelags schafft Bewusstsein für eine angemessene Bewegung im Raum. Die Bewegung wird durch die Fuge verlangsamt und man wird durch sie aufgefordert menschliches und architektonisches Maß im Gleichklang zu erleben. Der Künstler Carl Andre hat die Bedeutung des Bodens für die Bewegung im Raum und seine Wahrnehmung gezeigt.
Licht
Ich möchte im Folgenden auf die Bedeutung und den Zusammenhang von Licht, Raumschichtung, Transparenz und Kommunikation im Raum für das Projekt hinweisen.
Dabei werde ich allgemein von Licht reden und verwische bewusst die Grenze von Kunst- und Tageslicht, wobei ich mir über deren Unterschiede im Klaren bin.
Diaphaner Raum Kathedralen Hans Jantzen
Der Titel des Projektes ist „Diaphaner Raum“ Der Begriff ist einer theoretischen Schrift des Kunstgeschichtlers Hans Jantzen über die gotischen Kathedralen entnommen. (Über die Gotik des Abendlandes).
Die meisten Theorien erklären den gotischen Sakralraum über das Gewölbe (Sedlmayer). Die Gotik wird zur konstruktiven Frage, die das Wunder der technischen Leistung beschreibt- Gotik ist Vertikalisierung durch das Kreuzrippengewölbe. Es ist ein Gerüst von Kreuzrippen, Spitzbögen, Strebepfeilern und die Hauptfrage ist das Maß der Durchbrechung und der Auflösung der Wand.
Wand
Die Theorie von Hans Jantzen betont zwar die Bedeutung der Auflösung der Wand stellt aber dar, dass die Romanik diese auch schon kannte und selbst bei größtmöglicher Auflösung immer noch die Wandkontinuität und eine zusammenhängende Mauermasse im Vordergrund steht. Auflösung in der Romanik ist eine Kontrastierung von geschlossenen zu offenen Wandteilen. Die Wand in der Gotik ist jedoch das Verhältnis von aufgelöster Wand zu dahinter liegenden Raumteilen. Es ist eine Beziehung von Körper und Grund. Die gotische Wand ist nicht ohne Raumgrund denkbar und erhält erst hierdurch ihre Wirkung.
- Hinterlegung
Sie wird und das ist das Entscheidende durch eine optische Zone hinterlegt. Das gesamte Mittelschiff ist von einer Raumschale verschiedener Tiefenschichtung umgeben. Es dominiert das Prinzip einer Zweischaligkeit. Das nennt Hans Jantzen die diaphane Struktur der Gotik.
Ziel
Ziel ist die Herstellung eines vergeistigten Raumes, in dem das Durchscheinen und das immaterielle Leuchten der Glasfenster den Wesenskern der Architektur ausmachen. Der Wand wird durch den lichten Raumgrund der Eindruck des materiell Festen und Abgeschlossenen genommen. Das Prinzip von Licht, Transparenz und Tiefenschichtung inszeniert die Präsenz eines weiteren Ortes, der am eigentlichen Ort nicht vorhanden ist. Gotische Architektur ist die Überleitung in ein vorstellbares spirituelles Dahinter. Realer und fiktiver Raum verschwimmen.
Zitat:
„Stellen wir uns die Raumgrenze des Langhauses der Kathedrale als Ganzes vor, so haben wir eine plastisch reliefartig gegliederte Gitterwand, die mit optischem Dunkelgrund oder farbigem Lichtgrund in verschiedener Tiefenschichtung unterlegt ist, durch Vertikalisierung und übernatürliches Licht den Stein von seiner Schwere erlöst und mit ihrer das Raumganze bestimmenden Eigenart den Menschen unmittelbar aus der erfahrbaren natürlichen Umwelt in des Erlebnis einer Überweltlichkeit hinaufzureißen vermag.“
Licht Diaphaner Raum Wedinghausen
Was mich an der Theorie von Hans Jantzen interessiert hatte waren die architektonischen Möglichkeiten für das Projekt durch den Zusammenhang von Tiefe und Licht, die daraus erzielte Auflösung konkreter Raumgrenzen und die scheinbare Präsenz von weiteren Orten am konkreten Ort.
Der Lichteinfall und sein Textschatten auf dem Klosterhof sind die eigentlichen Sensationen des Projektes. Das Licht betont als zentrales Thema die spirituelle Prägung des Klosterhofes.
Das Licht wird durch mehrere Schichten (Gartenzimmer, Lichthaus und Fassade) geleitet, bis es in den Innenraum fällt. Das Lichthaus und seine Fassade sind ein Leuchtkörper für den Klosterhof. Die Gesamte Fassade leuchtet. Das Licht und die neue Raumgrenze der Fassade schaffen einen konkreten Innenraum, Die Hinterlegung und die Tiefe transzendieren diesen jedoch wieder. Das schafft eine mehrdeutige Raumwirkung
Das Thema der Schichtung und Raumtiefe ist sowohl bei Tages- wie Kunstlicht spürbar.
Nachts haben wir über das Kunstlicht die unterschiedlichen Teilräume des Außenraumes des Klosters herausgestellt:
- der Klosterhof wird allein durch die umliegenden Fassaden erhellt. Teilweise wurden die Fassadenlaternen übernommen. Es Licht im Klosterhof ist eher zurückhaltend
- das Lichthaus wird wie tagsüber selber zum Leuchtkörper
- der Garten wird durch punktuelles und vertikales Licht angestrahlt. Statt Fläche wird der Raum linear oder punktuell betont.
Licht und Transparenz
Möglich wird die Lichtwirkung erst durch den Zusammenhang von Transparenz und Licht.
Vorraussetzung ist der Einsatz des Baustoffs Glas. Die Materialentwicklung im Bereich Glas bedeutet nicht nur einen technologischen Fortschritt sondern die Chance die Raumwirkung zu erweitern. Seit dem architekturtheoretischen Klassiker von Colin Rowe und Robert Slutzky über die Transparenz ist klar, dass es nicht nur um das Durchsehen geht. Totale Durchsicht löst ebenso wie plakative Ansicht Langeweile aus- wir sehen Alles, ohne wirklich etwas zu bemerken. Colin Rowe und Robert Slutzky binden Transparenz an das Thema Schichtung und zeigen wie hierdurch die Wirkung für unsere Wahrnehmung komplexer wird.
Die Schichtung schafft jedoch nicht nur einfach Räume, die hintereinander liegen. Der Baustoff Glas und seine Spiegelungen und seine Bedruckung durchmischen die unterschiedlichen Ebenen und schaffen durch verwirrende Überlagerungen eine zeitliche und räumliche Simultanität der Ebenen. Diese werden im Dialog zwischen Vordergrund und Hintergrund, Raum und Oberfläche durchmischt. Walter Benjamin spricht in diesem Zusammenhang von einer Durchdringungs- und Überdeckungstransparenz, in der die Bedeutung der Dinge oszillieren und ineinander übergehen. Es existieren ein und mehrere Bilder zugleich.
Licht, Raum und Kommunikation
Ein weiteres Instrument ist die Schrift auf der Fassade. Zeichen und Graphik verstehen wir heute als bereichendes, zeitgenössisches Medium, um Raum zu strukturieren, dort wo dieses mit architektonischen Mitten nicht, oder schwer möglich ist. Graphik kann helfen, wo Architektur keine Chance mehr hat.
Das an sich unsichtbare Baumaterial Glas ist bedruckt und damit sichtbar gemacht. Die Bedruckung ist ein informativer Schleier und dient zur Vermittlung von Inhalten. Hier will das Glas nicht einfach Klarheit und reine Durchsicht ermöglichen, sondern eine Mehrdeutigkeit und Komplexität an Informationen erzeugen.
Der weiße Schleier der Fassade, hergestellt im Siebdruckverfahren, und die leuchtenden handbemalten Scheiben mittelalterlicher Kirchenfenster stellen verwandte Atmosphären her. Es ist eine Weiterentwicklung tradierter Darstellungsformen, entstanden im Spannungsfeld von Historie und Moderne.
Schrift und Text unterstreichen die geistige Bedeutung des Ortes. Es ist der Anfang des Johannesevangeliums. Der Inhalt ist hier nicht direkt erkennbar und eher ein Geheimnis, das zur Entschlüsselung auffordern soll.
Johannes 1, 1-8
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. 4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.
Das Prinzip der Fassadenbedruckung, dient dazu, die im Laufe der Zeit getrennten historischen Flügel des Klosters mit dem Rhythmus der Graphik wieder in einen Zusammenhang bringen. Formale, architektonische Bezüge konnten durch die verschiedenen vorhandenen Öffnungen jedoch nicht aufgebaut werden, dazu haben Rechteckfenster und Rundbögen zu wenige Gemeinsamkeiten. Die neue Fassade baut allerdings durch Textverdichtung und Auflösung eine horizontale Referenz zu den umliegenden historischen Fassaden und ihren Helligkeitskontrasten zwischen Wand- und Fensterflächen auf.
Die Schrift dient nicht nur der Information, sondern Sie ist eine Art Struktur und Reliefersatz und macht die Tiefe und Hinterlegung erst anschaulich.
Innenraum
Die Proportion des Baukörpers ist den umliegenden Klosterhofgebäuden entnommen. Bezugsgröße des niedrigeren Innenraums ist der menschliche Maßstab. Das Ereignis des Innenraums ist sein Blick nach oben in den Himmel und einen weiteren Raum, der in naher Zukunft grün eingewachsenen seien wird. Um die poetische Wirkung zu maximieren haben wir das Dach aufgelöst. Alle Details sollten sich der Raumwirkung unterordnen. Wir wollten keine High-tech Architektur, obwohl die Konstruktion, die wir mit Schlaich Bergermann und Partner entwickelt haben, hier ans Limit geht. Unser eigentliches Ziel war die Auflösung der Grenze zwischen Architektur und Garten. Daher verschwinden die Details optisch zugunsten des Raumes.
Leuchten sind nicht das eigentliche Thema sie haben dienende Funktion. Langfeldleuchten sind in die Träger eingelassen und nicht aufgesetzt. Die Träger konnten durch eine Vorspannung extrem minimiert werden. Nachts entsteht eine Art Lichttreppe. Nur die Strahler wurden zur Punktausleuchtung auf Stromschienen zwischen die Langfeldleuchten gesetzt und treten hervor.
Schluss
Wir haben mit der Neugestaltung von Kloster Wedinghausen auf die besonderen morphologischen und historischen Vorraussetzungen des Ortes reagiert. Der Einsatz von Licht ist jedoch, weil die Bedingungen verschieden sind, bei jedem Projekt anders. Die Bedeutung des Lichts für unseren Lebensraum steigt jedoch durch die Verschiebung unseres Zeit/Aktivitätsverhaltens und die Auflösung starrer Lebensmuster stetig. Licht ist das perfekte Medium für die Architektur- sie ist nützlich und emotional zugleich.